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#4 - Seit

Foto (c) Harald Völkl, September 2013

Im Zug zurück nach Wien. Die dunkle Landschaft zieht an meinem Fenster vorbei. Alle gefühlten fünf Minuten eine Durchsage vom Schaffner oder vom Tonband. Deutsch, Englisch, Tschechisch. Im Ohr wunderbare Musik von Bon Iver. Ab und an flackern Lichter im seitlichen Fenster auf, der vierundzwanzigste Tag des neuen Jahres neigt sich dem Ende zu.

Seit etwa 10. Januar stelle ich mir die Frage, wie lange kann man eigentlich jemand ein gutes Neues Jahr wünschen? Ich tue es einfach weiterhin. Habe mir als Deadline 31. Januar gesetzt. Irgendwann ist es ja nicht mehr neu, das Jahr. Ich habe auch begonnen “Prosit Neujahr” zu wünschen. Ich finde diese Aussage so herrlich kitschig und sie erinnert mich an meine Kindheit. Da war das Standard. Da wurde einem nichts gewünscht, wenn ein neues Jahr anbrach sondern da hat man sich “Prosit Neujahr” zugerufen. Auch uns (damals) Kindern.

Seit Anfang Januar bin ich also noch am finden meines neuen Lebensrhythmus. Auf die Tatsache, dass mein Wecker mich morgens nicht mehr um 06.15 Uhr aus dem Bett holt, habe ich mich relativ rasch gewöhnt. Ich schäle mich nun meistens erst nach dem Ö1-Morgenjournal aus dem Bett, welches ich ab sieben Uhr im halbwachen Zustand verfolge. Meist erinnere ich mich an wenig. Bei der Findung des neuen Lebensrhythmus lasse ich mir bewusst Zeit. Stress war ja die letzten Wochen und Monate genug da. Da habe ich ein Guthaben am Stresskonto und mach jetzt ein bisserl piano.

Seit dem letzten Tag des Jahres 2014 ernähre ich mich vegan. Ich lebe nicht vegan, die Umstellung wäre zu kostspielig: Kein Merino, kein Angora, keine Seide, kein Leder, etc. Das ist mir auch zu aufwendig. Beim Essen ist es einfach. Nach siebzehn Jahren als Vegetarierin ist der Schritt zum Veganismus nicht mehr allzu groß, da ich schon viele tierische Produkte als Vegetarierin weggelassen habe. Eigentlich wollte ich das ja nur im Januar vegan leben. Quasi als reinigende Maßnahme beim Einstieg in ein neues, nein anders geführtes Leben. Aber nach zehn Tagen habe ich mich schon entschieden: Das bleib ich jetzt. Ich glaub ich hab noch nie so gut in meinem Leben geschlafen wie in den letzten Wochen. Klingt blöd, ist aber so. Und ich habe das Gefühl, dass ich gelassener bin. Mehr Teflon, wie ich zu sagen pflege. Kann aber auch alles Einbildung sein.

Seit heute habe ich Semesterferien. Das zweite Semester ist in Turboblitzgeschwindigkeit vorüber gegangen. Die letzten Prüfungen sind abgelegt, jetzt ein wohlverdientes Päuschen. Dann ist es nicht mehr weit bis auch dieser, für mich wichtige Teil meines Lebens, wieder vorbei ist.

Seit ich dreißig bin, habe ich das Gefühl die Zeit verfliegt…