#10 - Und darum bin ich selbstständig
Heute hatte ich einen dieser Momente der Dankbarkeit. Dankbar, für die Art und Weise, wie ich mein Leben führen kann, weil ich beruflich einen Weg eingeschlagen habe, den ich nie gedacht hätte zu gehen.
Ich war mit einer lieben Freundin unterwegs. Erst ein später Lunch in der Swing Kitchen, dann ein Käffchen to-go vom Kaffee Mik. Die Mariahilferstraße plaudernd entlang zum Museumsquartier (MQ) spaziert. Schnappschüsse gemacht. Und dann dieser Gedanke: Ich möchte nicht mehr tauschen. So ist es gut. So macht arbeiten richtig, also richtig Spaß. Und Freude.
Ich arbeite, wenn andere beim Feierabendbier sitzen und die Anderen arbeiten, während ich das Leben genieße. Seit Februar 2013 bin ich selbständig. Habe ein Gewerbe angemeldet und verdiene seither mit eigenen Kunden und Projekten mein Geld. Reich bin ich noch nicht geworden, aber das ist auch kein angestrebtes Ziel von mir. Als ich im September 2000 nach Wien gekommen bin, hatte ich nicht gedacht, dass ich einmal Unternehmerin sein werde. Es hat sich ergeben, ich die richtigen und falschen Entscheidungen in gleichen Teilen getroffen, Menschen getroffen, die mich inspiriert und machen haben lassen. Es hat sich einfach alles gut ergeben und ich kann keinesfalls meckern.
SELBSTÄNDIG = SELBST UND STÄNDIG
Nach dem Start Anfang 2013 ging meine Selbständigkeit gleich mal durch die Decke. Im positiven Sinn: Viele tolle Projekte und Action, Action, Action. Es war ein Jahr, in welchem mir gewiß nicht langweilig war. 2014 startete ich parallel dazu mit meinem Master-Studium am Grazer FH JOANNEUM. Vier Semester “Public Communication” lagen vor mir. Ich hatte mir lange Gedanken gemacht, ob ich mich bewerben soll oder eben nicht. Schlußendlich habe ich es doch getan, wurde angenommen und während ich noch überlegte, wie ich alles unter einen Hut bekomme, waren drei Semester um und ich widme mich nun bereits meiner Master-Thesis, die ich im Januar 2016 abgeben werde. Daneben Projekte, neue Kunden, spannende Begegnungen – und im Oktober letzten Jahres der Crash. Ein emotionaler Bauchfleck.
Die Karten habe ich zu Jahresbeginn neu gemischt. Oberstes Ziel: Das Finden eines adäquaten Lebensrhythmus. Übersetzt heißt dass in meinem Fall: Nicht mehr um sechs Uhr morgens aufstehen und hetzen sondern gemütlich in den Tag starten, Frühstück und Zeitung, zwischendurch mal tief Luft holen und mich um mich selbst kümmern. Die Suche nach dem Rhythmus hat nun etwas mehr als sechs Monate in Anspruch genommen, wobei ich mir keine Deadline gesetzt hatte. Ich habs einfach passieren lassen. Ende Juni habe ich gemerkt, dass ich wieder einen Rhythmus habe. Einen, den ich äußerst lieb gewonnen habe. Ich möchte nicht behaupten, dass ich weniger arbeite, nein, ich arbeite nur wesentlich anders.
Effizienz und ein gutes Zeitmanagement sind meine Begleiter. Meist arbeite ich vormittags aus dem Home-Office oder mache mir Besprechungstermine aus. Ab mittags nehme ich den Fuß vom Gaspedal, die Augen vom Bildschirm. Dann kümmere ich mich um mich. Ehe ich wieder loslege. Und das kann manchmal auch erst wieder nach 19 Uhr sein. Abhängig von Projekten, Kunden und selbstgesetzten Deadlines. Aber nicht jeder Tag ist wie der Gang über eine Blumenwiese. Es gibt auch Tage mit Meeting-Marathons, keiner Zeit für Essensaufnahme und um durchzuschnaufen.
NO MONEY, NO HONEY
Ich kann behaupten, dass es mir finanziell nicht schlecht geht. Aber Gold scheffel ich auch nicht. Das Finanzamt scheint einen Riecher dafür zu haben, wenn Geld am Konto ist. Prompt will es dann einen Teil davon. Für das Jahr 2013 meinte es, ich hätte zu gut Umsatz gemacht. Es sei hier angeführt, dass ich weniger als ein Zehntel eines durchschnittlichen österreichischen Managergehalts umgesetzt habe. Das was an reinem Gewinn übrig blieb, verprassen so manche mit einem Urlaub. Trotzdem durfte ich ordentlich Einkommenssteuer nachzahlen und zwei Monate später gleich nochmal fast so viel an Vorauszahlung. Und das ist die Crux der Selbständigkeit: Man ist mehr oder weniger ständig dabei, den Bezahlapparat an Vorauszahlungen zu bedienen. Mit Ausgaben und Investitionen bin ich vorsichtig bzw. tätige ich diese meist gar nicht – außer sie sind dringend notwendig. Die Keulen von Finanzamt und Sozialversicherung kommen nämlich regelmäßig. Ich musste damals lachen, als ich am 08. Februar mein Gewerbe angemeldet habe und bereits am 13., also wenige Tage später ein dickes Willkommensbrieferl von der SVA im Postkasten hatte. Die hatten es besonders eilig. Ich ja nicht so. Aber für einen Moment wie heute, die Freiheit zu haben, nehme ich das alles sehr gerne in Kauf.