#35 - Prokrastination an Weihnachten ist voll okay
… und daher habe ich die letzten sechs Tage in einem energetischen Erdloch verbracht. Für ein energetisches Iglu hat es kälte- und schneetechnisch leider nicht gereicht. Ich habe den Funktionsmodus für Weihnachten deaktiviert und auf Slow-Mode umgeschaltet. Aber wenn ich zwei Dinge dieses Jahr gelernt habe, dann ist es 1) auf die Bedürfnisse des Körpers zu hören und 2) aufhören, mir immer viel zu viel zuzumuten.
Funkloch im Erdloch
Am 22. Dezember um exakt 10 Uhr 35 habe ich den Slow-Mode-Schalter aktiviert. Diesem Moment habe ich schon viele Tage entgegengefiebert. Und dann war er endlich da und vor meinem geistigen Auge war eine Liste voll schöner beziehungsweise angenehmer ToDos: viel Zeit mit Waldspaziergängen verbringen, den ganzen Stapel an Magazinen lesen und jedenfalls drei Blogbeiträge verfassen. Und natürlich Zeit mit der Familie verbringen.
Aber dann ging mir ziemlich genau am 24. Dezember nachmittags die Luft aus. Mein Kopf pochte wahnsinnig und ich kam aus der Waagrechten nicht mehr raus. Ich habe Heilig’ Abend im liegen, alleine verbracht und es keine Sekunde bereut. Denn Weihnachten wurde familientechnisch dieses Jahr auf den 25. verlegt. Aber auch an diesem Tag strotze meine Energie vor Bescheidenheit und ich hab es lediglich geschafft das Notwendigste zu machen: belegte, nicht vegane Brötchen für die liebe Familie machen, eine sizilianische Brotsuppe kochen und stundenlang zu liegen.
Am 26. Dezember schaute mein Energievorrat kurz aus dem Erdloch denn es kamen die ersten Gäste zu mir aufs Land. Ich bereitete einen nicht veganen Rindsbraten in Senfkruste mit Rotkraut und Kartoffelknödeln zu und nach der Verabschiedung abends am Bahnhof merkte ich wie dieses ganze Weihnachten 2017 wie Teflon von mir runterrutschte. Es war vollbracht. In meinem Erdloch blieb ich aber dennoch.
Reinhören, aufspüren
Ich nahm mir jeden Tag vor, dies und jenes zu machen. De facto geschafft habe ich davon wenig bis gar nichts. Das Kopfweh kam zurück und unangenehme Bandscheibenschmerzen zwangen mich dazu, in der Waagrechten zu bleiben. Ich habe auf meinen Körper gehört und bin einfach liegen geblieben. Und heute, am 29. Dezember aufgewacht und hatte meine Energie
wieder. Und ich habe heute alles geschafft, was ich die letzten Tage so herrlich vor mir hergeschoben habe. Die Unentschlossenheit, der demotivierte Schwebezustand und die innere Unruhe habe ich abgelegt und mich ihr quasi aus der Decke geschlagen.
Ich höre heute zum ersten Mal seit sehr langer Zeit wieder meine Digitalnomaden-Playlist. Energie-Lava läuft durch meinen Körper und mein Kopf ist wie ein Schaumbad voller Seifenblasen. Ich denke viele schöne Gedanken und habe mir Zeit für einen Spaziergang durch den Wald genommen. Ich hatte ihn für mich alleine. Bin durch knöchelhohen Schnee gestapft und habe die frische Luft inhaliert. Ich habe inne gehalten und war dankbar.
2017 war ein Raketenjahr, für welches ich zutiefst Dankbarkeit empfinde. Ich habe mir dieses Jahr schön hergerichtet. Es begann mit einer Reise nach Sri Lanka, die mich emotional geheilt hat. Im Frühling ging es weiter: mein Projekt Digitalnomadin. Ich zog los und wollte eigentlich nicht zurück. Nach 9091,6 Kilometern kam ich dann doch zurück, kündigte meine Wohnung, investierte sehr viele Stunden in den Dachboden am Land und schuf mir mein neues Zuhause.
Diese Zeit des Umbaus war ein emotionaler Nervenkitzel. Ein Hängen in luftiger Höhe auf einem Trapez. Eine emotionale Slackline über den Canyon meiner Wurzeln. Ich saß einige Male auf meiner Baustelle und die Tränen flossen mir über die Wangen. Nicht einfach so, sondern weil ich keine Kraft hatte, niemand da war, den ich anbrüllen konnte. Nur eine weiße Wand.
Aber weil ich ahnte, wie es mir gehen würde und weil ich wusste, wie es mir gehen wird, wenn ich erst Mal eingezogen bin, hatte ich mich entschlossen, das Alles zu ertragen.
Und nun, am 29. Dezember sitze ich in meiner Küche. Vor mir der erste Strauß Tulpen, vor dem Fenster eine angezuckerte Winterlandschaft. Mein absolutes Superlied meiner Digitalnomaden-Reise läuft und – alles ist gut.