#12 - For A Tropical Feeling

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Es gibt ja Yoga-Varianten, die haben mit dem ursprünglichen Yoga wohl nicht mehr viel am Hut. Am absurdesten find ich Nackt-Yoga-Trend. Wenn ich mir vorstelle, vor mir macht jemand splitterfasernackt die Hundestellung, dann krieg ich höchstens einen Lachanfall aber bestimmt nicht die Tiefenentspannung. Von Lach-Yoga halte ich auch nichts. Ich habe damals in Varanasi (Indien) die größten Schmerzen des Fremdschämens gespürt, als unser Guru als Abschluss-Shavasana Lach-Yoga praktiziert hat.

Wie es mir mit Nackt- und Lach-Yoga geht, so wird es manchen auch mit Bikram-Yoga gehen. Diese (extreme) Form des Yogas praktiziere ich seit beinahe fünf Jahren. Manchmal mehr, manchmal weniger aber eigentlich immer regelmässig. Ich erinnere mich noch, als ich damals mit meiner lieben Freundin I. ins Studio in der Lugner-City ging. In Shirt, Schlabberhosen, zwei großen Flaschen Wasser und einem kleinem Handtuch zum Abtupfen des Schweißes fanden wir uns im „Hotroom“ ein. Damals waren wir uns einig, dass wir a) nie in der ersten Reihe liegen, uns b) nicht nur in Sport-BH und knappen Höschen bekleiden, c) nie ohne mindestens eineinhalb Liter Wasser neben der Matte überleben und d) in ein mattengroßes Microfaser-Handtuch investieren werden. Es hat nicht mal sechs Monate gedauert und wir haben a bis d über Bord geworfen. Standen in knapper Bekleidung in der ersten Reihe auf unserem mattengroßen Microfaser-Handtuch und hatten den Bedarf an Kaltgetränken auf einen halben Liter reduziert. Das kleine Abtupfhandtuch durfte auch draußen bleiben. Der Schweiß kommt zum einen eh wieder und zum anderen schneller, wenn dieser abgetupft wird.


Bikram-Yoga ist eine Variante aus dem Hatha-Yoga, also der klassischen Form des Yogas. Es wurde vom indischen Yogameister Bikram Choudhury entwickelt und umfasst 26 Körperpositionen. Ja gut, der Yogameister lebt jetzt nicht in Armut. Seinen damit erlangten Reichtum zeigt er gerne. Sei es, wenn er mit seinem Rolls Royce herumkurvt oder Versace-Puschen trägt. Es entspricht halt nicht ganz unserem Ideal, dass wir von Yoga haben.

Erzähle ich also, welche Form des Yogas ich mehrmals die Woche praktiziere, rümpfen manche die Nase. Manche schauen entsetzt, aber die meisten fragen, wie das ginge und ob ich verrückt sei. Die wenigsten verspüren Neugierde und probieren es selbst aus. Dabei ist Bikram-Yoga einfach nur geil.


Im Winter ist es wie eine Runde am Strand. Zwar kein Strandspaziergang, aber durch die Wärme fühlt sich alles einfach gut an. Die Wärme hebt den Gemüts- und Gefühlszustand. Sich 90 Minuten zu verausgaben, an die Grenze zu manövrieren und dabei noch Spaß zu haben, verlangt wohl eine dezente masochistische Neigung. Warum? Weil der Raum auf knapp 40 Plusgrade hochgeheizt wird, es dadurch entweder eine sehr trockene Luft gibt oder die Luftfeuchtigkeit extrem hoch ist. Bereits nach der Aufwärmphase (20 Minuten) ist die Haut von einem Schweißfilm überzogen. Aber das ist nicht unangenehm. Unser Körper kühlt sich dadurch automatisch. Und er entgiftet. Am Ende einer Bikram-Yoga-Einheit kann es schon mal sein, dass man bis zu eineinhalb Liter rausgeschwitzt hat. Dem Herbst-/Winter-Blues kann man mit einer Runde in den „Tropen“ also gut entgegenwirken und tut dabei auch noch etwas für Körper und Geist

Bikram-Yoga bringt dich näher an deine Grenzen, als eine andere Form. Ich habe mit Hatha-Yoga in Aachen begonnen, in Wien dann mit Ashtanga weitergemacht. Aber mein yogisches Zuhause im Bikram-Yoga gefunden. Wie bei jeder sportlichen Aktivität ist der erste Schritt die Überwindung des inneren Schweinehundes. Ist man dann einmal auf seiner Yogamatte angekommen, entlädt sich das erste Glücksgefühl. Nach 90 Minuten ist man zwar erledigt, aber zugleich auch energiegeladen und dankbar. Man ist stolz auf sich, dass man gegen sein Ego angekämpft und die Positionen mitgemacht hat. Das man 90 Minuten in einem tropisch heißen Raum ausgeharrt hat. Spätestens bei den kleinen Problemchen und Anstrenungen im Alltag kommt einen diese durch Yoga erlangte Stärke zugute. Ich habe mir übers Yoga eine Art sechste Hautschicht (Teflon) angezogen. Sachen prallen an mir ab (z. B. berufliche Hoppalas), manches nehme ich nicht allzu ernst und stressen kann mich auch niemand mehr. Yoga ist nicht nur Bewegung, es ist und sorgt auch für ein gesundes Mindset.

In diesem Sinne: Namasté. (Oder ab in die Tropen.)

Mindfulness, YogaBOA VIDA YOGA