#30 - Livin' Da Vida Loca
14 Tage. Das klingt als wäre der Abschluss meines Projekts noch in weiter Ferne, aber ist er nicht. Er beginnt morgen Mittwoch mit der Heimreise. In gesamt acht Etappen – so die vorläufige Planung – werde ich mich nach Wien begeben. Der Magnetismus des Ozeans ist stark, denn es zieht mich eigentlich weiter. Noch ein Stück die Küste entlang. Noch ein bisschen mehr Europa aufspüren. Noch mehr Kilometer zurücklegen, als ich schon gemacht habe. Ich stehe aktuell bei knapp 5600 gefahrenen Kilometern am 57. Tag als Digitalnomadin.
Nach Esmoriz habe ich mich Richtung Lissabon aufgemacht. Ich habe einen kurzen Aufenthalt in Nazaré eingelegt, ein Fischer- und Wallfahrtsort. Aber auch ein Surfspot, denn hier bricht von Zeit zu Zeit eine der größten surfbaren Wellen der Welt. Hier hat am 01. November 2011 McNamara eine Welle mit 23 Metern Höhe gesurft. Ich dagegen bin noch immer im Weißwasser unterwegs. Ein Unterwasser-Canyon sorgt für diese Welle, die viele Surfer anlockt und für neue Rekorde sorgt.
In Nazaré zahlt sich eine Fahrt mit dem Cable Car in den Altstadtteil aus. Für gesamt zwei Euro 40 kann man ein Mal rauf und ein Mal runter fahren. Von oben hat man einen tollen Blick auf den Atlantik und den Strand. Der Ort wimmelt von Touristen und Einheimischen, aber auf eine recht charmante Art und Weise.
Auch hier in Portugal war Fronleichnam ein Feiertag und ich habe mir für die Weiterfahrt von Nazaré Zeit gelassen bzw. genommen. Habe etwas komplett umweltunfreundliches gemacht und bin einfach ohne Navi übers Land gefahren. Habe kleine Ortschaften entdeckt und bin auch mal im Nirgendwo gelandet, ehe ich in Ericeira ankam.
Ich hatte eigentlich eine Nacht in Ericeira geplant, aber daraus wurde nichts. Denn am Campingplatz hat man mich abgelehnt. Mein Aufenthalt scheiterte aufgrund des mangelnden Sichtschutzes. Die unfreundliche Dame am Empfang ließ auch nicht mit sich reden. Ich hätte auf den Campingplatz nächst Praia de Santa Cruz fahren können (was eine Fahrt von 15 Minuten zurück gewesen wäre) oder gleich nach Cascais weiter. Ich entschied mich für Cascais und schlug mein Nachtlager hier auf ehe ich nach Sesimbra weiterzog, um einen Bekannten zu treffen.
Das Wochenende in Sesimbra war recht lustig. Reich an Sangria, Aufenthalten in der Nothing-Box (Danke, Ruy!), einem kurzen Segeltörn sowie viel Sonne und Strand. In seiner Dosis und Intensität war Sesimbra genau richtig. Livin’ Da Vida Loca halt.
Nun bin ich zurück in Cascais. Hier, wo alles vor gut einem Jahr begann. Hier, wo die Idee zu diesem Projekt sich in meinen Kopf pflanzte und Wurzeln zu schlagen begonnen hat. Es muss sich wohl jeder Kreis ein Mal schließen. Für den heutigen Tag bin ich morgens mit dem Bus zum Bahnhof von Cascais und von dort mit dem Zug nach Lissabon rein. In direkter Nähe zum Bahnhof Cais do Sodré liegt das Cowork Central, wo ich mir zum Arbeiten einen Platz gecheckt habe. Das Ambiente ist sehr angenehm, die Co-Worker international und die Infrastruktur ausgezeichnet. Für 15 Euro kann man einen ganzen Tag hier co-worken. Wenn ich meinen Kopf nach links drehe, dann blicke ich auf den Tejo, die Brücke die darüber geht und kann die Statue Cristo Rei sehen.
Und wenn ich daran denke, dass ich in weniger als 48 Stunden meine Weiterfahrt antrete, wird mir schlecht. Denn, auch auf die Gefahr hin, dass ich mich zu wiederholen beginne, ich bin keinesfalls bereit, zurück nach Wien zu kehren. Auch wenn die Stadt schön ist und ich dort mein Zuhause habe. Nach einer Reise, einer Erfahrung wie dieser, definieren sich der Begriff und das Gefühl Zuhause neu. Und die Frage, wo ist eigentlich mein Platz ist plötzlich ohne Antwort.
Noch 14 Tage, vielleicht findet sich die Antwort ja auf den nächsten rund 2000 Kilometern bis Wien. Aber vielleicht bleibt sie auch vorerst unbeantwortet, denn in Bälde soll es weitergehen. Livin’ Da Vida Loca halt.