#18 - Becoming A Minimalist

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Becoming A Minimalist

Ein Selbstversuch

Wir besitzen viel zu viel. Ich besitze viel zu viel. Wenn man alleine auf 68 Quadratmetern wohnt, dann kann man sich ausbreiten. Wenn man mit einer Mutter aufgewachsen ist, die sich wenig bis kaum von der Vergangenheit und damit verbunden von Gegenständen lösen kann, dann prägt das den Hamster-Instinkt. Das ist nicht meine Ausrede für Besitzreichtum, das ist meine Herkunft. Meine Prägung.

Ich bin in meinem Leben sieben Mal umgezogen. Und ich habe jedes Mal fast den gesamten Hausrat mitgeschleppt. Als ich von Wien nach Aachen zu meinem damaligen Freund M. zog, trafen (m)ein vollausgestatteter und (s)ein mittelmäßig bestückter Hausrat aufeinander. Durch M. habe ich gelernt, mich von Gegenständen trennen zu können. Denn man kommt gut mit weniger aus. Wir verwenden doch eh eigentlich das Immergleiche.

Nach eineinhalb Jahren sind wir gemeinsam nach Wien übersiedelt. Diesen Umzug haben wir mit dem Erlös aus fünf Flohmärkten finanziert. Und auch dann, hatten wir eigentlich noch immer viel zu viele Sachen! Durch die Flohmarkt-Verkäufe wurde ich weniger abhängig von all den materiellen Dingen, die wir alle glauben, besitzen zu müssen. Es hat richtig Spaß gemacht, frühmorgens aufzustehen, ins gepackte Auto zu steigen und einen Tag am Flohmarkt zu stehen. Entertainment pur! Und meist eine volle Kassa. Aber das war 2009. Und heute, 2016?

Seit ich diesen Sommer 34 Jahre alt geworden bin, sind einige Schranken in meinem Kopf hochgegangen. Blockaden haben sich gelöst. Ich kann mich nun noch leichter von Besitztümern lösen. Kaufe nur wenn wirklich notwendig, weil auch mal etwas kaputt geht und reparieren zu teuer ist. Und ja, manchmal überkommt es mich dann doch im Sale, mal das eine oder andere Schnäppchen zu jagen – aber ich jage bewusster. Vor dem Schritt zur Kassa frage ich mich „Brauche ich das wirklich?“ Und diese Bonus-Frage hilft mir besonders vor Kaufentscheidungen: Du bist jetzt so viele Jahre ohne dieses Ding ausgekommen, brauchst Du es jetzt tatsächlich? In 99 Prozent der Fälle kann ich es mit „Nein, tatsächlich brauche ich es nicht.“ beantworten. Und ich kaufe nicht. Und ich male mir auch im nachhinein nicht aus, wie sich das besagte Stück in meiner Wohnung oder an mir machen würde. I let go.

Minimalismus also
Ich beschäftigte mich in den letzten Monaten eher halbherzig und nebenbei mit dem Thema/Trend. Verfolgte lediglich den Podcast der beiden „The Minimalists“ Joshua Fields Millburn und Ryan Nicodemus. In den rund einstündigen Episoden ermöglichen Joshua und Ryan Zugänge zu dieser Form von Lebensstil. Hartnäckig poppte das Thema Minimalismus weiter unter meinen Augen auf. Erst kürzlich in der ARTE-Reihe Streetphilosophy von Jonas Bosselt (Folge „Vereinfache dein Leben“, Erstausstrahlung 30. November 2015). In dieser Folge begegnet er u.a. Katharina Finke, die in Berlin als Minimalistin lebt. Und das sehr radikal. Aber auch sehr inspirierend. Ich habe mir gleich mal ein Scheibchen von Katharina abgeschnitten und in den vergangenen Tagen meine Reise zur Minimalistin begonnen. Aber eigentlich hatten die Podcasts von „The Minimalists“ mir von Anfang an Lust gemacht, etwas an diesem von Überfülle geprägten Leben zu ändern. So man denn will. Und ja, ich will.

Mein erster Schritt
Ich saß an meinem Esstisch und habe den Kopf nach links gedreht. Da stehen zwei Billy-Regale – wer hat sie nicht? Meine sind – STOP! Meine waren mehr oder weniger randvoll mit Büchern, Schnipseln und CDs. Letztere kann ich gar nicht abspielen. Ich habe keinen CD-Player geschweige denn ein Laufwerk auf meinem MacBook Air, um diese abspielen zu können. Im nächsten Moment stand ich vor dem Bücherregal. Den dampfenden Kaffee stehen gelassen. Ich ging davon aus, auch weil ich es stets behauptet habe, mich nicht von Büchern trennen zu können. Das war für mich immer ein sehr sensibles Thema. Da komme ich wohl nach meinem Urgroßvater, den ich leider nie kennengelernt habe. Von ihm habe ich rund 500 Bücher am Zweitwohnsitz, die ich alle noch katalogisieren und einem Antiquariat anbieten wollte. Ich habe bis heute davon rund 150 Bücher erfasst. Das älteste ist eine Gesundheitsfibel. Datiert auf das Jahr 1898.

Aber zurück zu mir und meinen beiden Billy-Regalen. Ich begann mit den Kochbüchern. Seit ich mich vegan ernähre (hier geht’s zum Blogbeitrag), habe ich zu den letzten Geburtstagen von Freunden gesamt sechs vegane Kochbücher bekommen. Vier davon habe ich heute ausgemistet – sorry guys! Weiter ging es mit den Reiseführern. Was sich da alles gesammelt hat! Wie ich zu vier Wien-Stadtplänen gekommen bin, ist mir schleierhaft. Deswegen flogen alle vier raus. Den Großteil meiner Fachliteratur zum Bereich Kommunikation habe ich behalten. Die Abteilung Romane hat sich wesentlich reduziert. Summa Summarum sind knapp 100 Bücher rausgeflogen. Sie wanderten in den offenen Bücherschrank, der bei mir im Bezirk am Margaretenplatz steht. Ich glaube ein Teil der Bücher hat schon ein neues Zuhause gefunden.

Sich von Gewohnheiten, Ritualen und Mustern zu trennen ist eine Sache, die im Kopf beginnt. Man muss die Idee pflanzen gehen, verfolgen, wachsen lassen, um sie umsetzen zu können. Manches schaffen wir von heute auf morgen. Manches braucht Zeit. Daher überstürze ich bei dieser „Reise“ nichts.

Was wird mein nächster, zweiter Schritt auf dem Weg zu einem Leben als Minimalistin sein? Ich habe da schon so eine Idee und werde demnächst darüber berichten…

Einige Links zum Thema

Zeit Online – Minimalismus Wenig ist genug
Time Magazine – Minimalist Living: When a Lost Less Is More
Zeitgenossen-Podcast Minimalismus und dann?
Becoming A Minimalist