#43 - Herz herbeidelt

43_Herz-herbeidelt_P5171008.jpeg

Diesen Text habe ich bereits am 9. Oktober 2016 verfasst, aber nie veröffentlicht. Kürzlich bin ich über ihn, beim Sortieren meiner Datenablage, gestolpert. Ich bin überrascht über die Deutlichkeit der damals verspürten Emotionen. Nun, einige Jahre später gelesen, merke ich, wie sehr ich gewachsen und um wie viel stärker ich geworden bin. Aber diese Kehrwochen, die kommen dann doch immer wieder mal und sehen nach, wo und wie man sich bewegt. Vor allem aber, ob das Herz noch im Takt schlägt.

Ich habe heute meine Augen geschlossen. Meditiert. Seit langem wieder einmal. Ich bin in die, von meditativen Klängen geformte Stille eingedrungen und habe losgelassen. Unter den geschlossenen Augenlidern sammelten sich Tränen. Ich habe emotional losgelassen und habe mich der Meditation geöffnet. Klingt alles super esoterisch, ist es aber nicht. Wir sollten alle öfter mal still werden und in uns hören. Meditieren. Loslassen. Atmen. Ein. Aus. Den Teflonanzug abstreifen und den Emotionen nachspüren. Und irgendwie ist der ganze Sonntag nun trotz Sonne vor dem Fenster – durchwachsen. Von Emotionen und Gedanken durchdrungen. Mal schlägt das Herz bei einem Gedanken heftiger, schneller. Mal verliere ich mich und bin hin- und hergerissen.


Das sind alles noch Nachwehen aus vergangenen Jahren und zwischenzeitlich Erlebtem. Vor zwei Jahren genau bin ich emotional gebrochen. Mir wurde klar, dass ich nicht mehr so weitermachen konnte. Alle begonnenen Beziehungen gingen in die Brüche. Als Mitbewohnerin war ich unausstehlich. Ich hatte mich ab Mai 2013 begonnen zu verlieren, aber erst am 14. Oktober 2014 eruptierte der Vulkan. Ich eruptierte. Da war plötzlich ein Tropfen zu viel im Fass. Und mein Unterbewusstsein übernahm. Ich konnte nichts dagegen tun. Auch wenn ich es runterschlucken hätte wollen – und ganz ehrlich, tat ich wohl auch die ganze Zeit lang – ich hätte mich trotzdem erbrochen. Den Funktionsmodus in dem ich feststeckte rausgekotzt. Das Fass war einfach voll.

Es folgte eine Zeit des Reflektierens. Des Beobachtens. Auf mein Inneres hören. Wenige Griffe mussten reichen, um meinen Rhythmus, meine Festgefahrenheit zu ändern. Heute weiß ich, ich hätte mehr Griffe machen müssen. Ich dachte - und überschätzte mich da ja wohl gewaltig - dass es mit den Änderungsmaßnahmen getan wäre. Das es mich auch noch zwei Jahre danach herbeidelt, herrje! Es kann jetzt dann nämlich auch wieder einmal gut sein. Denn diese emotionale Kehrwoche geht jetzt schon eine Weile.

Aber ich bin noch nicht fertig mit der emotionalen Kehrwoche. Noch immer verlangen mein Körper und mein Unterbewusstsein von mir an den Schräubchen nachzustellen. Und ich gebe mich dem hin. Auch wenn manches Schräubchen ein Risiko in sich birgt. Aber ich kann nicht drum rum, ich will es riskieren.


Mir sind in den vergangenen zwei Jahren nicht nur ein paar Lichter sondern auch mein Herz wieder aufgegangen. Letzteres spürte ich im Sommer 2015 zum ersten Mal wieder. Es war mir nicht bewusst, dass es sich geschlossen hatte. Ich gehe vorsichtig damit um, denn ich weiß wie es sich anfühlt, wenn es sich wieder schließt und alles schief geht. Und gerade bin ich wieder an einem Punkt, wo ich gut überlege: Öffne ich es komplett oder schütze ich es? Schütze ich mich. Liebe will riskiert werden, mein Herz geschont. Grauzone. Kompromisszone. Scheisszone.
Oder einfach, wenn das Leben passiert.


Frühsommer 2020. Das Herz beidelts immer wieder mal her. Grad eben auch wieder. Aber ich bin stärker als jede Traurigkeit, stärker als jeder Schatten der Gewitterwolken über mein Leben legt, stärker als jedes negative Gefühl. Stark genug um die Steine die im Weg liegen zu nehmen und beiseite zu legen und ihnen nicht einfach nur auszuweichen, sie zu umgehen. Denn das wäre zu einfach. Manchmal muss das Herz aus dem Takt schlagen um wieder eine Melodie zu finden.